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Rund um den FSV

Interview mit unserem 1. Vorsitzenden Christian Rauen aus dem Trierischen Volksfreund

Der Fußball im Rheinland steht vor dem Abbruch. Die Bundesliga hingegen könnte Mitte Mai wieder Fahrt aufnehmen. Wie sieht der Verantwortliche eines Amateurvereins diese unterschiedlichen Wege? Wie kommt sein Club durch die Krise? Wie bewertet er das Krisenmanagement des Fußballverbands Rheinland und in welchem Fall könnte er sich vorstellen, den Rechtsweg einzuschlagen? Dazu äußert sich Christian Rauen, Vorsitzender des Rheinlandligisten FSV Salmrohr, im TV-Interview.

TV: Im Fußballverband Rheinland (FVR) deutet alles auf ein vorzeitiges Ende der Saison hin. Welche Variante ist Ihr Favorit? Abbruch und wenn ja, mit welchen Konsequenzen oder zunächst nur eine Unterbrechung?

Christian Rauen: Eine Unterbrechung wäre für mich die bessere Variante:  Alle wollen doch Planungssicherheit. Aber die haben wir erst, wenn wir wirklich wissen, wann es weiter geht. Was passiert, wenn erst nächstes Jahr wieder gespielt werden kann? Dann wären wir froh, wir hätten nur noch die jetzt ausbleibenden zwölf Spieltage in der Rheinlandliga zu absolvieren. Ist ein Start erst Anfang nächsten Jahres möglich, wird es selbst mit einer neuen verkürzten Runde knapp. Wenn es andererseits wirklich in einigen Wochen weitergehen könnte, wäre es noch möglich die Runde zu Ende spielen. Die neue Saison könnte man dann mit einer verkürzten Winterpause noch durchziehen. Wenn es im Herbst erst weitergehen kann, wäre es ja immer noch möglich, dann die Saison zu beenden und eine neue Runde zu beginnen.

 

TV: Andere Landesverbände wollen im Gegensatz zum FVR wiederum im Spätsommer oder Herbst weiterspielen…

Christian Rauen: Die unterschiedliche Handhabe der einzelnen Landesverbände ist ein großes Problem.  So kann es vor allem in den Peripherien zu massiven Spielerabwanderungen kommen. Daher wäre eine vom DFB aus gesteuerter, bundesweiter Regelung viel besser – auch, wenn grundsätzlich die Entscheidungshoheit bei den Verbänden liegt.

 

TV: Bitter aus Sicht ihres FSV Salmrohr wäre der knapp verpasste Aufstieg. Mülheim-Kärlich hat nur als Erster nur einen Punkt mehr und würde zum Oberliga-Aufsteiger erklärt. Als Dritter, noch dazu punktgleich mit dem Zweiten Emmelshausen, würde der FSV in die Röhre schauen.

Christian Rauen: Wenn das so kommt, ist es zwar schade, aber trotzdem aus meiner Sicht okay. Es müssen aber in allen Wettbewerben immer gleiche Kriterien zugrunde gelegt werden.

 

TV: Inwiefern?

Christian Rauen: Sollte es soweit kommen, dass der Rheinlandpokal durch eine Sondergenehmigung zu Ende gespielt wird, sehe ich nicht ein, wieso nicht auch noch ein Entscheidungsspiel um den zweiten Platz und anschließend eine Relegation zur Oberliga ausgetragen werden kann. Da würde ich mir tatsächlich rechtliche Schritte vorbehalten.

 

TV: Wie schätzen Sie generell das Krisenmanagement des FVR ein?

Christian Rauen: Ich habe jetzt an mehreren Videokonferenzen teilgenommen. Was der Verband macht, finde ich in Ordnung – auch, wenn ich wie bereits beschrieben persönlich nicht mit jeder Entscheidung zufrieden bin.

 

TV: Seit Wochen gibt es keine Spiele, damit auch viel weniger Einnahmen. Viele Ausgaben bleiben aber.  Wie gestaltet sich die Lage beim FSV?

Christian Rauen: Wir sind gut aufgestellt. Ich habe keine Angst um den Verein, selbst wenn es noch länger dauern sollte, bis wir wieder spielen. Obwohl wir natürlich wie alle anderen auch mit den Auswirkungen zu kämpfen haben.

 

TV: Was sind momentan Ihre Schwerpunkte in der Vereinsarbeit? Wie wird kommuniziert?

Christian Rauen: Für mich persönlich wird die Arbeit nicht weniger. Wir haben monatliche Verpflichtungen, die Mitgliederliste wurde von Grund auf überarbeitet. Wir bekommen eine neue Flutlichtanlage, Jahresabschlüsse werden gemacht, Videokonferenzen durchgeführt. Es gibt genug zu tun. Zudem feiern wir im nächsten Jahr unser 100-jähriges Jubiläum. Da wir in diesem Jahr wohl am Aufstieg gehindert werden, wollen wir dies in der nächsten Saison nachholen. In diesem Sinne führen wir mit unserem zweiten Vorsitzenden Kalle Kieren und unserem Trainer Lars Schäfer an der Spitze die Gespräche mit den Spielern. Sie sind bisher sehr positiv verlaufen.

 

TV: Daraus ist zu schließen, dass Lars Schäfer und der Großteil der Mannschaft bleiben?

Christian Rauen: Ja. Wir freuen uns auf eine weitere Zusammenarbeit mit Lars und setzen voll auf den bestehenden Kader.

 

TV: Wie verhält man in der Corona-Krise gegenüber Sponsoren und Mitgliedern, denen es eventuell derzeit auch nicht so gut geht, indem sie finanzielle Einbußen haben?

Christian Rauen: Es ist unumgänglich die Mitgliedsbeiträge einzuziehen und sicher schwer, Rechnungen an Sponsoren zu stellen, die momentan kaum Einkünfte haben.  Hier kann ich nur an die Treue der Mitglieder und Sponsoren appellieren dem Verein weiterhin beizustehen. Sonst wird es auch für uns schwierig. Wir wollen mit einem Plus an Service gegensteuern und stellen zum Beispiel zurzeit als Dankeschön auf unserer Facebook-Seite regelmäßig Sponsoren mit ihren Unternehmen vor.

 

TV: Im Amateurfußball darf wohl noch monatelang nicht gespielt werden, in der Bundesliga soll es demnächst losgehen. Was sagen Sie dazu?

Christian Rauen: So was treibt den Profi- und den Amateurfußball immer weiter auseinander. Man kann es gesellschaftspolitisch nicht verantworten, wenn die Bundesliga Fußball spielt, während der Gastronom um die Ecke nicht öffnen darf oder weiterhin Kitas und Schulen nur sehr beschränkt besucht werden können. Die Bundesliga redet von 304 Millionen Euro Einnahmeverluste bis Saisonende. Alleine in der Gastronomie werden bis Ende Mai 18 Milliarden Euro Verlust geschrieben – und da wäre vieles einfacher zu händeln als bei Geisterspielen. Die DFB-weit rund 24 500 Vereine mit knapp 150 000 Mannschaften sollen alle zuschauen, während 36 Mannschaften dank einer Ausnahmeregelung spielen dürfen? Der Staat muss bestimmen, wann es weiter geht. Das sollte dann für alle gelten.

 

TV: Die Profivereine argumentieren, dass ihnen sonst die Luft ausgeht und auch Zehntausende von Arbeitsstellen an der Bundesliga hängen.

Christian Rauen: Jedes Jahr werden neue Umsatzrekorde gemeldet. Jetzt fallen neun Spieltage aus, und die Liga steht schon mit dem Rücken an der Wand. Da kann ich nur sagen: schlecht gewirtschaftet! Das eigentliche Problem sind ja die unfassbaren Spielergehälter in Millionenhöhe.  Klar hängen auch Zehntausende Arbeitsstellen dran. Wir müssen aber die Gesamtsituation sehen mit zig Millionen Menschen, die in Kurzarbeit sind oder ihre Arbeitsstelle bereits verloren haben.

 

TV: Welche Konsequenzen könnte die Corona-Krise für den Fußball haben?

Christian Rauen: Eine positive Konsequenz könnte sein, dass das völlig überdrehte Rad im Profifußball ein ganzes Stück weit zurückgedreht wird.  Das würde aber nur funktionieren, wenn sich die Vereine weltweit darüber einig wären. Insellösungen funktionieren nicht. Und auch, wenn das von den Verantwortlichen der Liga zurzeit medienwirksam propagiert wird, bin ich mir sicher, dass es nicht ernstgemeint ist. Vielmehr ist es nur das, was die Öffentlichkeit in der jetzigen Situation hören möchte. Sollte tatsächlich in diese Richtung was passieren wird es wohl nur eine sehr kurze Zeit anhalten. Der Amateurfußball wird auf Dauer vom Profifußball kaputtgemacht. Das große Problem ist die unersättliche Raffgier derer, die daran verdienen.

 

TV: Was sehen Sie auf den Amateurfußball konkret zukommen?

Christian Rauen: Die negativen Konsequenzen sind für mich nicht abzusehen. Da kann einiges geschehen, von Vereinssterben durch Insolvenzen über weiter nachlassende Ehrenamtstätigkeiten bis hin zu Abmeldungen einzelner Mannschaften oder ganzen Vereinen. Letztlich wird das maßgeblich von der Länge des Spielverbots abhängen.

 

 

Das Gespräch führte Andreas Arens